Im 7. Semester angekommen, nach den gefühlt fast zu langen Semesterferien, war ich auf die neuen Fächer gespannt: Pharmakologie, Chirurgie sowie die Stomatologie sollten es sein. Zugegeben alle meine älteren Studienfreunde haben mich bereits gewarnt wie "trocken" die Pharmakologie doch sei, aber wenn man sie dann am eigenen Leibe erfährt, ist das doch schon nochmal etwas anderes.
Nichts desto trotz versucht vor allem unser Tutoriums-Leiter den recht theoretischen Stoff mit Leben zu füllen, indem er uns zum einen erlebte Krankenhaus-"stories" an die Hand gibt und zum anderen die Wirkung und Dauer verschiedenster Medikamente anhand eines Computerprograms via Graphen darstellt. Somit lernt man diese leichter, vor allem aber versteht man warum in verschiedensten Notfallsituation es immer nur bestimmte Medikamente wie das Adrenalin anstatt das Noradrenalin als Medikament der Wahl gibt.
In meinem persönlichen Rampenlicht steht dieses Semester allerdings die Chirurgie, welche wir nun erstmals belegen durften. Nicht nur dass ich bereits mit einer höheren Grundmotivation als in Pharma startete, sondern auch die Umgebung mir einfach viel mehr das Gefühl gab, nun geht es einen großen Schritt voran Richtung Traumberuf Arzt: Nun endlich wöchentlich im Operationssaal und nicht mehr nur wenn man gerade die Famulatur ableistete. Die erste Op war eine "simple" Hernien-Op, welche unser Dozent allerdings nutzte uns die bis dato gelernten Anatomiebegriffe in der Realität aufzuzeigen und auch v.a. den Nutzen unseres Bücherwissen zu offenbaren. Das Hesselbach-Dreieck war von fortan nicht mehr nur ein fades Dreieck von Ligamenten und Muskeln, sondern hatte plötzlich mehr Sinn denn je für mich. Des Weiteren bietet uns der Professor auch an außerhalb der Tutorien in den OP zu kommen, was durchaus sehr rege von fast allen Gruppenmitgliedern angenommen wird.
Während der Semesterferien leistete ich eine Famulatur in der inneren Medizin ab in dem Krankenhaus meiner Stadt ab; zunächst befürchtete ich kleinere Probleme bezüglich der Fachbegriffe die wir ja auf Englisch lernen, in Deutschland aber lateinisch verwendet werden, diese waren aber komplett unbegründet. Außerdem achtete ich, im Vergleich zu deutschen Medizinstudenten, viel mehr auf die non-verbalen Zeichen der Patienten während der Anamnese, was mein betreuender Arzt als einen großen Vorteil herausstellte, welchen ich besonders meinem Auslandstudium zu verdanken habe.
In meinem ersten Studienjahr in Pilsen waren wir vier deutsche Studenten und nicht mehr als 26 Deutsche an der ganzen Fakultät. Inzwischen hat sich dies geändert und so haben in den letzten beiden Jahren ca. 20 "Landsmänner und -Frauen" das Studium hier in Pilsen für sich gefunden. So beschlossen wir nun nicht mehr nur ein Begrüßungsessen für die Neuankömmlinge zu schmeißen, sondern führten seither auch ein paar lustige Aufnahmerituale ein, in denen sich die "Neuen" erst vorstellen müssen um schließlich dann zum Ritter bzw. zum Medizinstudenten geschlagen werden zu können. Dies brachte uns nicht nur einen Abend voller Heidenspaß, sondern führte auch dazu, dass man sich semesterübergreifend einfach besser kennenlernt, etwas zusammen unternimmt und nicht zuletzt sich auch mal gegenseitig hilft: Denn wer kann das denn besser, als jemand der den gleichen Prüfer ein Jahr zuvor erst hatte.