Die Prüfungsphase ist vorbei und die ersten Tage Erholung habe ich auch schon hinter mir, sodass ich nun wieder mal Zeit finde einen kleinen Bericht über das Studium in Prag zu verfassen.
Seit meinem letzten Beitrag über die Dissections im Wintersemester ist so einiges geschehen und doch kommt mir diese Zeit viel kürzer vor als sie eigentlich war. Ungefähr einen Monat nach den Winter-Dissections hatten wir unser erstes offizielles final exam im Fach Biophysik. Trotz der bestandenen Dissection war die Anspannung bereits groß, da niemand so wirkich wusste was einen erwartet, wie viel Zeit man einplanen sollte und auf welche Ressourcen man am besten zurückgreift, um sich optimal auf die Prüfung vorzubereiten. Studenten aus den höheren Semestern waren immer offen für Fragen der "unwissenden Erstis" und haben einem Informationen zum Ablauf der Prüfung und auch Tipps zur Vorbereitung gegeben, was die Anspannung schon mal ein bisschen gelöst hat. Die Prüfungen hier in Prag werden meistens mündlich abgehalten oder beinhalten zumindest einen mündlichen Teil, was meiner Meinung nach ein gutes System ist, da die Professoren einem immer auf die Sprünge helfen können, falls man mal den Faden verloren hat.
Nach gut 3 Wochen Vorbereitung war es dann so weit und das Biophysik final exam stand an. Ich hatte von Kommilitonen, die das Examen bereits hinter sich hatten, gehört, dass die Prüfer sehr nett waren und eine entspannte Prüfungsatmosphäre herrschte. Genau so empfand ich es auch, als ich geprüft wurde. Man musste aus einem Pool von knapp 50 Themen 3 ziehen und über diese sein Wissen zum Besten geben, welches außerdem durch begleitende Fragen vom Professor getestet wurde. Nach gut einer halben Stunde war ich auch schon fertig und konnte mich freuen, das erste große Abschluss-Examen und damit das erste Semester meines Medizinstudium geschafft zu haben. Leider sind hier in Prag keine offiziellen Wintersemesterferien vorgesehen, weshalb man je nach Lage seines Prüfungstermin oft nur 1-2 Wochen frei hat. Wenn man mutig ist, kann man allerdings schon einige Tage vor Beginn der offiziellen Prüfungsphase sein Examen abhalten und hat somit einen ganzen Monat frei.
Trotz der kurzen Ferien gut erholt startete ich nun in das 2. Semester. Es hat sich nicht viel geändert außer, dass wir nun anstatt dem abgeschlossenem Fach Biophysik "biology and medical genetics" auf dem Stundenplan stehen hatten. Es wurden weiterhin die üblichen Zwischentests in Anatomie und Histologie abgehalten und der Unialltag beherrschte schon bald wieder unser Leben. Jedem war klar, dass am Ende dieses Semesters die zwei größten Endprüfungen des ersten Jahres in Anatomie und Histologie anstanden und man versuchte durch ständiges Mitlernen und bestmöglichen Ergebnissen in den Zwischentests das spätere intensive Lernen vor den Prüfungen zu erleichtern. Vor den final exams stand jedoch noch die summer dissection an, in der wir über die inneren Organe, Hals- und Kopfregion und ebenfalls über die Themen der letzten Dissection abgefragt wurden. Der Ablauf war im Großen und Ganzen der selbe wie zur Dissection im Wintersemester, außer, dass sie diesmal 3 Tage länger war. Ungefähr 2 Monate nach den Dissections standen die Endprüfungen in Anatomie und Histologie an und unsere Guides (Studenten aus höheren Semestern, die während den Dissections helfen) gaben uns den Tipp bereits jetzt ein solides Wissen über die inneren Organe und sonstige Strukturen, die während den Dissections geprüft werden, aufzubauen, um es in den laufenden Wochen einfacher beim Lernen für die finals zu haben.
In diesen nächsten zwei Monaten habe ich versucht, neben dem laufenden Unibetrieb, bereits so viele Themen wie möglich aus dem vorigen Semester zu wiederholen, da es alleine in Anatomie mehr als fünfmal so viele Fragen wie in Biophysik waren und man sich seine Zeit gut einteilen musste. Ob man nun Histologie oder Anatomie als erstes machen sollte, wusste niemand so genau und jeder hatte eine andere Meinung dazu. Ich persönlich habe Anatomie vor Histologie gelegt und war mit dieser Entscheidung sehr glücklich.
Nach knapp 2 Monaten intensivstem Lernen war es dann auch endlich so weit und die Prüfung stand an. Sie bestand aus 3 Teilen: Als erstes musste man einen "Slide-Test" bestehen, in dem man 30 anatomische Strukturen auf Bildern gezeigt bekam und diese benennen musste. Danach wurden wir zum Dissection room geschickt, wo man zu Organen, Knochen, Muskeln, Leitungsbahnen und besonderen topographischen Regionen befragt wurde. Der letzte Teil bestand aus einer mündlichen Prüfung, in der man vier Fragen aus dem Themenpool zog und über diese sein Wissen unter Beweis stellen musste. Neben mir haben so gut wie alle meiner Freunde, die an diesem Tag Prüfung hatten, bestanden und am liebsten hätten wir drei Tage durchgefeiert, jedoch stand ja noch die Histologieprüfung an, für die ich, bedingt durch die Menge an Anatomiestoff, kaum etwas gemacht hatte. Also hieß es nochmal gute zwei Wochen konzentriert pauken, um sich dann hoffentlich in die wohl verdienten Ferien verabschieden zu können. Am Ende hat sich diese harte Arbeit zum Glück ausgezahlt und auch das Histologie-Examen war bestanden. Endlich konnten wir unserem Kopf mal eine Auszeit gönnen und diesmal wirklich drei Tage durchfeiern.
Nun bin ich schon seit zwei Wochen wieder in meiner Heimatstadt und habe endlich mal etwas anderes als Fertigpizza und Nudeln auf dem Teller. Das erste Jahr ist vorbei und ich kann es immernoch kaum glauben. So viele neue Erfahrungen, die mich nicht nur in meinem Studium weitergebracht haben, sondern auch in meiner persönlichen Entwicklung. Auch wenn ein solches Studium zum Großteil aus Lernen und Prüfungen besteht, habe ich sehr viele neue Freunde und Bekannschaften gemacht und wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, habe ich hauptsächlich postive Erinnerungen. Natürlich gibt es Zeiten, in denen man an sich und an allem zweifelt, jedoch herrscht hier in Prag so ein enger Verbund zwischen den Studenten, dass einem immer geholfen wird und man sich auch während den anstrengenderen Phasen zuhause fühlt. Ich bin überglücklich diesen Schritt gegangen zu sein und freue mich jetzt schon auf das zweite Jahr, wenn die neuen Erstis ankommen und ich ihnen bei dem Einleben helfen kann, genau wie mir vor einem Jahr geholfen wurde.